Aus dem Arbeitsrecht
In keinem Rechtsgebiet – so sagt man – wird öfter Recht gebrochen als im Arbeitsrecht.
Da das Arbeitsrecht in einer Vielzahl von Gesetzen geregelt ist und zudem stark von der Rechtsprechung geprägt ist, stellt es eine hochkomplexe Rechtsmaterie dar, bei der man nicht einfach das Wichtigste „kurz“ zusammenfassen kann. Vieles hängt zudem von den individuellen Arbeitsverträgen ab, sodass sich generelle Aussagen kaum lohnen.
Wir beschränken uns deshalb bezüglich dieses Rechtsgebiets auf das aus unserer Sicht wichtigste Thema einer Arbeitgeberkündigung und wollen Ihnen darüber hinaus eine kleine Erläuterung bezüglich der Darstellungen in Arbeitszeugnissen an die Hand geben, da ein solches meist nach der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber gestellt wird. Zusätzlich stellen wir Ihnen noch drei aktuelle Urteile aus dem Arbeitsrecht im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie dar.
Die Arbeitgeberkündigung
Für viele Arbeitnehmer ist es der wahrgewordene Albtraum, wenn Sie plötzlich eine Kündigung des Arbeitgebers erhalten. Es geht meist um nicht weniger als die Existenz. Genau aus diesem Grund sollten Sie in einem solchen Fall einen Anwalt aufsuchen. Ohne vertiefte Kenntnisse im Arbeitsrecht ist die Prüfung der Wirksamkeit einer Kündigung in den meisten Fällen so gut wie unmöglich.
Geschwindigkeit zählt!
Bei der Einholung anwaltlichen Rates sollten Sie sich dabei beeilen. Am besten rufen Sie noch am selben Tag einen Anwalt an. Diese Eile ist deshalb geboten, da – sollten Sie sich gegen die Kündigung gerichtlich zur Wehr setzen wollen – eine sog. Kündigungsschutzklage grundsätzlich nur innerhalb von 3 Wochen seit Zugang der Kündigung möglich ist.
Sollten Sie eine Kündigung Ihres Arbeitgebers erhalten haben, so melden Sie sich gerne bei uns! Wir werden Ihre Interessen wirksam und schnell geltend machen.
Sperrfrist fürs Arbeitslosengeld verhindern
Einen kleinen Exkurs in das mit dem Arbeitsrecht häufig eng verzahnte Sozialrecht möchten wir in Bezug auf eine bei einer Kündigung häufig drohende sog. Sperrfrist für das Arbeitslosengeld I machen.
Kündigen Sie Ihren Arbeitsvertrag selbst, so wird Ihnen in der Regel eine sog. Sperrfrist auferlegt, durch welche Sie für bis zu 12 Wochen kein Arbeitslosengeld I erhalten. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass Sie Ihre Arbeitslosigkeit selbst herbeigeführt haben. Allerdings kann auch eine Arbeitgeberkündigung eine Sperrfrist begründen und zwar in einem Fall, in welchem die Kündigung auf Ihrem Fehlverhalten beruht (sog. verhaltensbedingte Kündigung). Auch ein Aufhebungsvertrag löst in der Regel eine Sperrfrist aus.
Aber wie kann man eine Sperrfrist verhindern?
Der Schlüssel liegt in der Begründung, warum man das Arbeitsverhältnis beendet hat. Sie werden diesbezüglich von der Arbeitsagentur auch befragt werden.
Wenn Sie z.B. nachweisen können, auf Ihrer Arbeitsstelle gemobbt worden zu sein oder gar eine sexuelle Belästigung stattfand, so wird das Arbeitsamt Ihnen keine Sperrfrist auferlegen. Ebenso können Stress und dauerhafte Überforderung einen tauglichen Grund darstellen, sofern Sie dies nachweisen können. Auch private Gründe, wie die Pflege eines Angehörigen, können ausreichen.
Ebenfalls wird Ihnen die Arbeitsagentur in der Regel keine Sperrfrist auferlegen, wenn Sie bereits gesichert eine neue Arbeitsstelle haben.
Wir möchten bezüglich einer Sperrfrist noch auf zwei wichtige Dinge hinweisen:
Sie müssen sich immer 3 Monate vor Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend melden. Sollte Sie dem nicht nachkommen, wird Ihnen eine Sperrfrist auferlegt.
Haben Sie sich gegen eine Kündigung mit einer Kündigungsschutzklage gewehrt, wird Ihnen in der Regel keine Sperrfrist durch die Agentur für Arbeit auferlegt.
Die Geheimnisse des Arbeitszeugnisses
Ist ein Arbeitsverhältnis beendet, so hat der Arbeitnehmer einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Erstellung eines Arbeitszeugnisses. Hierbei unterscheidet man das sog. einfaches Arbeitszeugnis von dem sog. qualifizierten Arbeitszeugnis. Sie sollten als Arbeitnehmer darauf achten, ein qualifiziertes Arbeitszeugnis von Ihrem Arbeitgeber zu verlangen, da in einem einfachen Arbeitszeugnis meist nur die persönlichen Daten und der Zeitraum der Beschäftigung angegeben sind, während in einem qualifizierten Arbeitszeugnis Ihre tatsächlich erbrachte Leistung bewertet wird. Diese Bewertung muss allerdings vom Arbeitgeber möglichst wohlwollend formuliert werden, um dem Arbeitnehmer nicht die Chance einer neuen Einstellung zu nehmen. Dies führte dazu, dass mittlerweile eine Vielzahl an beschönigenden Floskeln entwickelt wurden, welche regelmäßig von Arbeitgebern in solchen Zeugnissen verwendet werden und die oft etwas komplett anderes bedeuten, als man auf den ersten Blick vermuten würde.
Wir haben Ihnen mal ein paar Beispiele herausgesucht:
- „war stets bemüht“ meint „hat absolut nichts hinbekommen“.
- „hat sich gut mit den Kollegen verstanden“ meint „geschwätzig“.
- „ist sehr gesellig und hat zur Verbesserung des Betriebsklimas beigetragen“ meint „hat ein Alkoholproblem“.
- „hat alle Arbeiten pflichtbewusst erledigt“ meint „ist ein Bürokrat ohne Eigeninitiative“.
- „arbeitet sehr genau“ meint „arbeitet langsam“.
- „es gab niemals Anlass für Klagen“ meint „es gab aber auch niemals Anlass für Lob“.
- „erledigte Arbeiten stets mit großem Elan“ meint „verursachte stets Chaos beim Erledigen seiner Arbeiten“.
Sie sehen anhand der Beispiele, dass der Wortlaut solcher Zeugnisse von dem, was tatsächlich mit den Ausführungen gemeint ist, stark abweicht. Allerdings wissen potentielle neue Arbeitgeber meist genau, was diese Floskeln bedeuten. Sie sollten also, wenn Sie ein Arbeitszeugnis Ihres alten Arbeitgebers erhalten, nach solchen Floskeln Ausschau halten und können gegebenenfalls auch eine Nachbesserung des Zeugnisses verlangen, wenn Sie sich durch dieses ungerecht beurteilt fühlen.
Drei aktuelle, interessante Entscheidungen der Rechtsprechung
Zum Abschluss dieser Rubrik möchten wir Ihnen noch drei aktuelle Urteile aus dem Arbeitsrecht vorstellen, welche sich mit arbeitsrechtlichen Themen auseinandersetzen, die sich im Zuge der Corona-Pandemie äußerten.
So hatte sich das Arbeitsgericht Aachen mit dem Verhältnis des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber im Krankheitsfall und des Anspruchs auf Entschädigung nach einer angeordneten Quarantäne zu beschäftigen. In einem Urteil vom 11. 03. 2021 (Az. 1 CA 3196/20) entscheid das Gericht, dass der Anspruch auf Entgeltfortzahlung in einem Fall, in welchem ein Arbeitnehmer sowohl durch einen Arzt krankgeschrieben, also auch durch eine Behörde unter Quarantäne gestellt wurde, der Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber dem Anspruch auf Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetzt vorgeht. Der Arbeitnehmer kann also in einem solchen Fall Entgeltfortzahlung von dem Arbeitgeber verlangen!
Das Arbeitsgericht Neumünster hatte sich in einer aktuellen Entscheidung mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein durch einen Arbeitgeber bereits gewährter Urlaub wegen der Anordnung einer Quarantäne im Urlaubszeitraum dem Arbeitnehmer nachgewährt werden muss. Dies hat das Gericht durch sein Urteil vom 03.08.2021 (Az. 3 CA 362 b /21) verneint. So etwas sei nur in Fällen einer Erkrankung während des Urlaubszeitraums möglich, was sich aus § 9 BUrlG ergäbe. Diese Norm sei auf solche Fälle aber weder direkt noch in einer sog. Analogie anzuwenden. Wird einem also während der Urlaubszeit eine Quarantäne auferlegt, so wird dieser Urlaub trotzdem auf den Jahresurlaub angerechnet.
Selbiges entschied auch das Arbeitsgericht Halle in seinem Urteil vom 23.06.2021 (Az: 4 Ca 285/21). Der Arbeitgeber – so das Gericht – schulde dem Arbeitnehmer nämlich keinen „Urlaubserfolg“. Mit Ausnahme des Vorliegens einer Krankheit seien urlaubsstörende Ereignisse, wie z.B. eine Quarantäne, Teil des persönlichen Lebensrisikos des Arbeitnehmers.